Reisebericht – Mai 2022
– Nicole und Michael

REISEBERICHT TEIL 1 – HUNDE WOHIN MAN SIEHT

Ich möchte euch natürlich noch gerne von meiner Reise ins Shelter Râcari berichten und werde versuchen, in einigen kleinen Beiträgen meine Erlebnisse euch etwas näherzubringen.
Wer den Livestream verfolgt hat, hat sicher bemerkt, dass das Shelter zurzeit völlig überfüllt ist.

Schon am Eingangsbereich sammeln sich große Holzhütten, in denen die kleinsten Welpen untergebracht werden. Das ist nur ein Provisorium, aber man weiß sich anders nicht mehr zu helfen. Am Tag sind diese Boxen geöffnet und die Welpen machen den Garten des Shelter zum Spielparadies. Sie spielen, faulenzen und erkunden neugierig ihre Umgebung. Sie fühlen sich sichtlich wohl.
Nichts im Shelter erinnert mehr an den Zustand von vor 4 Jahren, als wir unsere erste Reise nach Rumänien unternahmen. Wir hatten damals keine Idee davon, was uns erwartete und fuhren mit gemischten Gefühlen hier in Deutschland los. Es waren maximal 100 Hunde dort untergebracht und alles war sehr überschaulich. Wenn ein neuer Welpenwurf vor den Toren des Shelters abgelegt wurde, war unsere wichtigste Mission, für diese Welpen schnell ein Zuhause zu finden, damit sie in ihrer wichtigsten Entwicklungsphase nicht zu viel entbehren mussten. Wir haben es fast immer geschafft und bis auf wenige Ausnahmen musste kein Welpe im Shelter erwachsen werden.

Doch mittlerweile erwartet uns ein anderes Bild bei unseren Besuchen. Schon im August standen wir zweifelnd vor dem großen Welpenbereich, in dem über 50 neue Welpen untergebracht waren. Wir waren realistisch und wussten gleich, diese Welpen würden wir nicht alle schnell genug vermitteln können und wir würden sie wiedersehen. So ist es nun auch gekommen. Der Großteil der vielen kleinen Welpen, die im August noch um uns rumwuselten, ist immer noch im Shelter. Obwohl sie sehr niedlich und sehr zutraulich und sie eine wunderbar bunte Mischung waren, war die Konkurrenz einfach zu groß. Sie wurden von den Menschen, die auf der Suche nach einem vierbeinigen Begleiter waren, leider übersehen. Nun sind sie alle etwa 1 Jahr alt. Diese jungen Hunde sind zu großen Gruppen in doch zu kleinen Zwingern zusammen untergebracht. Was mich aber positiv überrascht hat, ist, dass die Junghunde, obwohl sie nicht genug Platz haben, sich zu entfalten, sich dennoch prächtig entwickelt haben. Es sind alles wunderbare Hunde, die offen und freundlich auf uns zugehen. Jedes kleinste Eckchen im Zwinger wird dazu genutzt, miteinander zu spielen und auch zu kuscheln. Die Hunde sind sehr sozial und haben sich auf die schwierige Situation eingestellt.

Doch einige leiden auch unter der Situation. Es sind die sensiblen Seelchen. Es ist immer laut, es gibt keine gemütlichen Körbchen und zeitweise geht es auch sehr ruppig zu. Diese Hunde haben oft starke Hautprobleme und kommen nicht zur Ruhe. Sie ziehen sich immer weiter zurück und leiden still. Natürlich behandelt man sie, aber das braucht Zeit. Wir wissen alle, wie fürchterlich ein ständiger Juckreiz sich auch auf die Psyche auswirken kann. Wie schlecht müssen die armen Seelchen sich nur fühlen? Besonders für sie wünscht man sich ganz bald die erlösende Anfrage.

Das Shelter Râcari ist ein städtisches Shelter und nicht nur die Hunde, die der Bürgermeister einfangen lässt, weil Anwohner sich beschweren, sondern auch alle Hunde, die von besorgten Bürgern gebracht werden, müssen ein Obdach dort finden. Natürlich soll auch kein Hund abgewiesen werden. Doch die Situation wird brenzlich. Da es im ganzen Umkreis kein anderes städtisches Shelter rund um Râcari gibt, landen alle Hunde bei uns. Wir geraten allmählich an unsere Grenzen. Im Shelter Râcari sind aktuell um die 450 Hunde untergebracht und die wollen nicht nur gepflegt und gefüttert werden, sondern sollen auch optimal medizinisch versorgt werden. Wir haben fleißig ausgebaut in den letzten Jahren und die bebaute Fläche hat sich mittlerweile fast verdreifacht, doch nun geraten wir so langsam an unsere Grenzen in der Versorgung. Wenn die Welpenschwemme nicht bald ein Ende nimmt, brauchen wir Lösungen.

Man kann sich die Situation in Rumänien schlecht vorstellen, wenn man selbst noch nicht da war. Hunde, die in Freiheit leben und denen es dort gut geht, weil nette Anwohner sie versorgen, gibt es natürlich auch. Doch es wird gefährlich, wenn eine Hündin ihre kleinen Welpen direkt an der Straße großzieht. Wir erlebten zum ersten Mal mit, als ein Hilferuf bei dem Team des Shelters eintraf.
Wir durften dabei sein und uns selbst ein Bild davon machen, wie eine solche Rettungsaktion vonstattengeht. Wir fanden 8 kleine und propere Welpen vor, die fröhlich versuchten, eine kleine Mauer zu erklimmen. Ihre Mutter war unterwegs, um Futter zu suchen. Anwohner machten sich Sorgen, dass die Welpen von einem Auto erfasst würden und baten darum, sie alle mitzunehmen. Die Welpen waren schnell eingesammelt und im Kofferraum zwischengeparkt. Natürlich wollten wir die Mutter nicht zurücklassen und fanden sie unweit ihrer Welpen bei der Suche nach Futter. Im Shelter angekommen, wurden alle Hunde erstmal gründlich untersucht und von Zecken befreit. Die erste Mahlzeit wurde freudig verschlungen. Die Mutter war sehr freundlich und ließ sich gerne anfassen. Erst als die Tür sich hinter ihnen schloss, wurde ihr bewusst, dass sie nun gefangen ist. Sie versuchte am Gitter hochzuspringen und erst nach einiger Zeit ließ sie davon ab. Da hatte sie wohl verstanden, dass es zwecklos ist und ihre Welpen hätte sie eh nicht im Stich lassen wollen.

Natürlich geht einem das Herz auf, wenn man die Mutter sieht, wie sie in Sicherheit ihre Welpen versorgt, doch wieder sind es 9 Mäuler mehr zu stopfen und wir wünschen uns für alle ein gutes Zuhause.
Es werden leider nie weniger Hunde, sondern immer mehr. Doch in diesem Fall sind es 9 Hunde weniger auf den Straßen Rumäniens, die sich vermehren werden …
Ich zeige euch eine kleine Auswahl unserer tollen Junghunde und Welpen, die alle auf die Chance warten, in Deutschland ins neue Leben starten zu dürfen …