REISEBERICHT
TEIL 1
Wir sind gut in Rumänien angekommen.
Die ersten Schritte ins Shelter – und wir wissen wieder nicht, welchen Hund wir als Erstes begrüßen sollen. Wir haben nicht genug Hände, um alle gleichzeitig zufrieden zu stellen und voller Wehmut bemerken wir wieder, dass hier die tollsten, hübschesten und liebsten Hunde hinter Gitter sitzen müssen
Zeit mit den Hunden zu verbringen, ist unser größtes Anliegen und so vergessen wir manchmal die Zeit, während wir ewig in einem Zwinger hocken und manche zuerst schüchternen oder auch etwas frechen Hunde plötzlich zum Schoßhündchen mutieren und von den Streicheleinheiten nicht genug bekommen können.
Die Hunde genießen die Aufmerksamkeit, freuen sich über die Leckerli und lassen sich sogar gerne von Melanie die längst überfällige Fellpflege zukommen. In diesen Momenten lieben die Hunde es, wenn sie im Mittelpunkt stehen dürfen. Kurze Augenblicke, in denen nur sie zählen
Solche Momente darf auch Mona immer wieder genießen, wenn sie an der Leine in den Garten geführt wird. Mona ist aus dem Shelter Help Azorel und zurzeit wegen der medizinischen Behandlung ihres Sticker Tumors in Racari. Dort hat sie eine Box im Klinikhaus bezogen und ihr Alltag ist leider sehr trist. Doch unser Shelter-Mitarbeiter Viorel hat ein großes Herz und führt sie einmal täglich in den Garten, wo sie ein paar Stunden entspannt im Gras liegen darf und aus der eigentlich so kranken Mona wird ein verschmuster und verspielter Hund, der völlig aufblüht. Das sind dann Monas besondere Momente ❤️
Jeder von uns hat so sein persönliches Beuteschema und doch merken wir dann, dass die Optik null zählt, wenn ein Hund uns mit seinem Wesen einfach begeistert. Manche Hunde treffen uns dann unverhofft und überraschend mitten ins Herz.
Diese Herzenhunde liegen uns besonders am Herzen und wir wollen sie euch näherbringen, in der Hoffnung, dass auch sie euch direkt dort treffen – mitten ins Herz.
TEIL 2
Wieder mal erschlagen von den Eindrücken des ersten Tages, machten wir uns morgens voll motiviert ins Shelter und wussten schon, das Einzige, was uns bremsen könnte, wäre die sengende Hitze, die uns bevorstand.
Wir begannen mit der Fotosession der ersten Hunde, als unerwartet die Veterinärbehörden im Selter auftauchten und eine routinemäßige Kontrolle des Selters durchführten. Da es sich bei dem Selter in Racari um ein städtisches Selter handelt, dass an bestimmte Auflagen gebunden ist, ist so was keine Seltenheit und alle Fragen konnten zu deren Zufriedenheit beantwortet werden.
Wenn wir in Rumänien zu Besuch sind, treibt uns immer nur ein Gedanke:
Was können wir tun, um den Hunden das Leben angenehmer zu gestalten?
Das Schlimmste für die Hunde am Shelterleben ist die Eintönigkeit. Jeder Tag gleicht dem anderen und es gibt kaum besondere Momente.
Da mag eine weiche Kuscheldecke für die ganz zarten Seelchen oder riesige Kauknochen für die Kettenhunde für manche zunächst banal erscheinen, aber es sind Kleinigkeiten, die die Seelchen für einen Moment aus dem Trott herausholen und sie wieder strahlen lassen.
Der liebe Fred, der viel mitmachen musste, durfte sich ebenso wie die kranke Mona über ausgiebige Kuscheleinheiten freuen und sie durften genießen, das Fell durchgekämmt zu bekommen. Beide entpuppten sich schnell als große Genießer und Schmusebacken.
Wir haben wieder ein paar der Schwimmbecken aufgestellt und auch wenn die Hunde erst mal mit Abstand schauen, was das nun soll, lässt es unser Herz höherschlagen zu sehen, dass die kleine Goldie, die sonst eher untergeht zwischen ihren anderen Zwingerfreunden, als erste ihre Pfoten ins Wasser stellt und sich selbst am meisten darüber freut, dass sie so mutig ist. Auch RM 158 war es ein Fest zu bemerken, dass er im Mittelpunkt stehen konnte, indem er die kleine Wanne voll Wasser in vollen Zügen ausnutzte.
Welpen, die zur Zeit in den kleinen Boxen leben, weil sie noch von den anderen Hunden getrennt leben müssen, kann man nur auf einer Art eine Freude bescheren und das sind Schmuse- und kleine Spieleinheiten. Da werden auch mal Minigeschirre angelegt und Spaziergänge durch den Garten geübt. Die ganz Kleinen einfach nur im Arm zu halten und sie jetzt schon spüren lassen, wie es sein wird, wenn sie einmal ihre Familien finden, tut nicht nur ihren Seelen gut, sondern auch unseren.
Bei all den schönen Momenten bei solch einem Besuch, quält uns aber immer die Frage: Können wir diesem Seelchen, was uns gerade so erwartungsvoll mit seinen großen Augen anschaut, zu seinem Glück verhelfen und werden eine Familie finden?
Die fleißigen Mitarbeiter des Shelter sind immer da und unterstützen uns tatkräftig. Alle Wünsche werden uns von den Augen abgelesen und so ist es uns eine Freude, wenn wir ihnen unsere Wertschätzung ein wenig zeigen dürfen, wenn auch wir mal Hand anlegen dürfen und beim Abladen der Futterlieferung helfen können.
Den vollgepackten und auch anstrengenden Tag ließen wir mit einem Abendessen ausklingen und sind in Gedanken schon beim nächsten Tag.
TEIL 3
Leider längst wieder zurück aus Rumänien möchten wir natürlich noch berichten, was wir am letzten Tag im Selter so erlebt haben. Gerade wenn wir wissen, die Rückreise steht bevor, versucht man noch alles in den Tag zu packen, was nur irgendwie möglich ist und die Warteliste der Hunde, die auf Abschiedsknuddeln warten, ist ellenlang.
Morgens kam die Tierärztin ins Selter und machte ihre Kontrollrunde, um zu schauen, ob es allen Hunden gut geht. So etwas ist regelmäßig nötig, denn bei so vielen Hunden soll keinesfalls etwas übersehen werden. Dabei fiel auf, dass RW 36 etwas mit dem Auge hatte und wurde mit in die Klinik genommen. Dann schwoll auch noch ihr Gesicht an. Sie wurde wohl von einer Wespe gestochen. Ein paar Tage Behandlung in der Klinik und die Welt wird für die süße Maus wieder anders aussehen.
Auch Jakoeb wurde in die Klinik gebracht, weil seine Sommerfrisur anstand. Jakoeb gehört zu den Herdis, die ihren Pfleger sehr mögen, aber bei anderen Menschen doch manchmal unberechenbar sind. So war es besser, in Ruhe in der Klinik zu scheren. Er kam wieder als neuer Hund. Natürlich wäre es schöner, ihm die Rasur zu ersparen, aber in einem Shelter ist es eben nicht möglich, alle Hunde regelmäßig zu bürsten. Bei der Gelegenheit besuchten wir auch die anderen kleinen Patienten, die sich in der Klinik aufhalten. Das ist oft hart zu sehen, wie kleinste Welpen um ihr Leben kämpfen.
Es wurde eine Kiste mit Welpen gebracht, die jemand auf einer öffentlichen Toilette versucht hatte zu ertränken. Das sind auch die Momente, wo unser Team vor Ort ins Straucheln kommt. Sie sehen auf den Straßen viel Elend der Tiere, aber dass Menschen so grausam sind, daran gewöhnt man sich wohl nie. Die Kleinen haben noch einen Weg vor sich, aber auf dem ersten Blick schienen sie alles so weit gut überstanden zu haben. Auf jeden Fall sind es schon kleine Feinschmecker – denn das gute Nassfutter haben sie der Welpenmilch direkt mal vorgezogen.
In der Klinik leben auch zwei unserer Hunde, die nach überstandener Staupe Erkrankung an heftigen Ticks leiden. Man würde ihnen so gerne helfen, aber leider können wir an ihrem Zustand kaum noch was ändern.
Auch Carlos haben wir kennenlernen dürfen. Scheinbar hat Carlos noch niemand erzählt, dass er ein Handicap Hund ist, denn kaum wurde seine Box geöffnet, flitzte er durch die Klinik und begrüßte alle sehr freundlich und aufgeregt. Carlos ist gelähmt und kann seine Hinterbeine nicht mehr nutzen. Die Lebensfreude nimmt ihm das nicht, aber vielleicht die Chance, ganz bald schon seine Familie zu finden. Aber wir geben auch die Hoffnung für Carlos nicht auf. Zurück im Shelter wurde gemeinsam mit den Arbeitern überlegt, wie wir das Provisorium für die Welpen verbessern können. Jede Ecke des Shelters muss genutzt werden und so sind leider zu viele Welpen in einem engen Gehege. Doch die Arbeiter Viorel und Nicu gaben ihr Bestes und haben zumindest mit bereits vorhandenem Material den Bereich vergrößern können. Es war schön zu sehen, dass das schon gewirkt hat und die Welpen endlich freudig mal herumspringen konnten.
Im Shelter wieder zurück wurde weiter fleißig fotografiert und natürlich mit den Hunden auf Tuchfühlung gegangen. Es ist uns enorm wichtig, die Hunde bestmöglich kennenzulernen, damit wir das passende Zuhause für die Seelchen finden können. Die kleine RW 119 musste dann von Jan ein Bad über sich ergehen lassen ,weil sie mit ihren langen Beinen und ihrer tollpatschigen Art das Talent hatte, sich jedes Mal in den einzigen Haufen weit und breit zu schmeißen. Aber selbst in solchen Momenten fühlen die Hunde sich besonders und die Süße flitzte anschließend fröhlich durch den Garten.
Am Tag zuvor ist ein neuer Hund ins Shelter gebracht worden und wir staunten nicht schlecht, als er auf einem Bagger transportiert wurde. Nette Hunde werden meist gleich in den großen Pen gepackt, wo die meisten Hunde untergebracht sind. Leider klappte es dort nicht mit den anderen Hunden und er wurde ziemlich gemobbt. Es lag nicht an ihm, aber so war es besser, ihn woanders hinzubringen, wo er erstmal in Ruhe verschnaufen konnte. Nach dem Livestream am Abend hieß es dann Abschiednehmen. Jeder wollte noch die letzten Hunde knuddeln, dass Team drücken und es wurde Fotos zum Abschied gemacht. Wir gingen mit gemischten Gefühlen nach Hause und der ein oder andere hatte auch einen Kloß im Hals. Wir hatten den Luxus, manchmal eine gefühlte Ewigkeit in den Zwingern zu sitzen und die Hunde haben es so sehr genossen. Zu wissen, dass das jetzt für viele Hunde nun für lange Zeit das letzte Mal war, so im Mittelpunkt zu stehen, schmerzt uns sehr. In unserer Vorstellung warten sie am nächsten Tag am Gitter auf uns in der Hoffnung, dass wir wieder kommen.
Und wenn selbst die sonst so biestige Maddie nach 2 Tagen fröhlich am Gitter auf ein Leckerli gewartet hat, zeigt uns, dass so viele wunderbare Seelchen da sitzen, deren Potenzial wir vielleicht alle noch nicht erkannt haben.
Wir kommen auf jeden Fall wieder und hoffen, bis dahin haben viele der Seelchen schon ihr Glück gefunden!